Nicola Baloch, 27.9.2017
Zurück aus Sid, Serbien müssen wir leider berichten, dass sich an der schlechten Versorgungslage der Flüchtlinge wenig geändert hat. Die Aussichten auf einen positiven Bescheid im Asylverfahren in Serbien sind gegen Null und 99% der in Serbien gestrandeten Flüchtlinge haben keine Zukunftsperspektive in Europa.
Die „freiwillige“ Rückkehr oder das Warten auf die unfreiwillige Deportation scheinen die einzigen Angebote zu sein. Wenig verwunderlich, dass viele Menschen mangels Perspektive nicht in den Camps ausharren wollen, sondern auf eigene Faust versuchen, die lückenlos überwachte Grenze zu überqueren. Hierfür schlafen in Sid rund 250-300 Flüchtlinge in Squats (aufgelassenen Fabriksruinen oder Rohbauten) bzw. im Freien in den Feldern und Wäldern und versuchen immer wieder, nach Kroatien zu kommen. Jeder ihrer Versuche die lückenlos überwachte EU-Außengrenze zu überqueren endet unweigerlich mit dem Aufgriff durch die kroatische Grenzpolizei, systematischer Gewaltanwendung durch Schläge und anschließender Rückschiebung nach Serbien.
Egal wie man über diese Menschen und das ihnen verwehrte Recht auf ein faires Asylverfahren denkt, Fakt bleibt, dass sie ein Menschenrecht auf Leben haben und man sie nicht verhungern oder erfrieren oder an medizinischen Komplikationen sterben lassen kann. So denken zumindest Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen und unsere Partner Freedom of Choice-Truckshop, die vor Ort tätig sind. Diese Menschen haben keine Besitztümer, nur die Kleidung, die sie am Leib tragen, teilweise keine Schuhe und auch keine Decken oder andere Wärmequellen. MSF- Ärzte ohne Grenzen leisten vor Ort ärztliche Notversorgung für kranke oder durch die Polizei verletzte Flüchtlinge. In Kooperation mit MSF werden ab sofort von unseren Partnern wöchentlich UNHCR- Decken an alle ausgegeben, die in weiterer Folge wieder eingesammelt, in der „Vešeraj“* gewaschen und getrocknet und wieder ausgegeben werden. Die Decken stellt MSF, sie zahlen auch die Betriebskosten (pro Decke 2€ für das Recycling statt Neupreis von 14€). Beim Meeting mit MSF und bei der ersten Ausgabe durften wir dabei sein.
(*Die „Vešeraj“ ist ein kleiner Waschsalon, der an den von uns eingerichteten „Social-Shop“ angeschlossen. Hier können in 3 gespendeten Industriewaschmaschinen und 2 Trocknern in Zukunft nicht nur die Decken sondern auch die Wäsche der Flüchtlinge in Camps gewaschen werden, und insbesondere auch die Wäsche der obdachlosen Flüchtlinge, die meist kein Wechselgewand haben und nach Wochen und Monaten im Freien wortwörtlich vor Dreck starren. Auch für diese würdevolle Behandlung von Menschen werden Volunteers gesucht, ein Aufruf hierfür folgt).