Angekommen – Portrait 18

Im Portrait 18 gibt uns A.F. in seinen eigenen Worten Einblicke in seine Geschichte und seine Erfahrungen (27.5.2021)

Angekommen (von A. F.)

Ich war im Irak Fotograf. 2015 hatten wir Krieg. Die Milizen im Irak wollten, dass ich für sie als Kriegsfotograf arbeite. Ich habe ihnen gesagt: „Aber das ist nicht mein Job! Ich fotografiere die Natur und Schönheit!“ Da haben sie mich bedroht. Wenn ich nicht mitarbeite, würden sie mich töten. Deswegen bin ich geflüchtet.

Das war im August 2015. Zuerst in die Türkei, durch das Meer nach Griechenland, dann Mazedonien, Serbien, Ungarn – in Ungarn war es am schwersten. Man muss einen Schieber haben, damit man Ungarn durchqueren kann. Ich habe dafür 1400 Euro bezahlt. Wir waren versteckt in 2 LKW  für Fleisch und solche Sachen. Der Lkw hatte kein Fenster. Ein LKW fuhr nach Deutschland und 2 nach Österreich. Ich habe Österreich gewählt. Der LKW hatte kein Fenster, nach 30 Minuten kriegten wir keine Luft. Mit uns waren Kinder und Frauen, sie weinten. Deswegen haben wir gegen die Tür geschlagen und sie aufgebrochen. Damit wir atmen können. Es dauerte die ganze Nacht, am Morgen waren wir endlich in Österreich. Die Menschen in dem anderen LKW sind leider alle gestorben, du hast sicher davon gehört. Dann hat mich die Polizei nach Traiskirchen gebracht.

Nach eine Woche wurde ich in ein Flüchtlingshaus gebracht, das war in der Steiermark, in der Nähe von Slowenien. Ich war dort 3 Monate. Ein netter Lehrer, er war Pensionist, hat uns Deutsch Unterricht gegeben. Aber das Dorf war ganz leer, kein Mensch, kein Supermarkt, kein Bus. Es war schwer, dort zu leben. Deshalb bin ich nach Graz umgezogen, aber es war so schwer, hier eine Wohnung zu finden. Ich kannte ja niemand und sprach gar kein Deutsch. Endlich fand ich eine kleine Wohnung, zusammen mit 2 anderen Flüchtlingen.

Ab dem ersten Tag in Graz habe ich Deutschkurse besucht. Mein erster Kurs war bei der Caritas. Und ich habe selber weiter gelernt, immer im Park oder in der Caritas, weil zu Hause immer viele Leute da waren und es da immer laut war. Ich konnte sogar nicht schlafen. Das war die schlimmste Zeit in meinem Leben. Ich wartete auf meinen Bescheid von August 2015 bis September 2017. Innerhalb dieser Zeit habe ich viel gemacht. Erstens habe ich Deutsch gelernt, und ich habe als freiwilliger Fotograf gearbeitet, in einer Organisation die Lebenshilfe heißt. Ja, es war eine schwierige Zeit, aber ich musste Geduld haben. Hatte keine Chance, nur warten. Endlich kam mein positiver Bescheid!  Eine Freundin von mir hat mir geholfen beim Wohnung Suchen. Ich bin dann in ein kleines Zimmer umgezogen. Endlich konnte ich ruhig schlafen. Nach diesen 3 Scheißjahren war dieses kleine Zimmer echt mein Paradies.

Ich habe so viel Arbeit gesucht, ein ganzes Jahr habe ich nichts gefunden. Ein Million Bewerbungen habe ich geschickt  . Ich war enttäuscht  , dass ich keine Arbeit gefunden habe.

Dann habe ich eine Frau kennen gelernt, nach 1 Jahr haben wir geheiratet. Das war ein großer Fehler in meinem Leben. Ich habe in der Hölle gelebt – ich habe mein schönes kleines Zimmer, mein Paradies, verlassen und meine Sachen eingepackt. Wir hatten gar nichts Gemeinsames. Ich frage mich immer, warum habe ich geheiratet? Sie war so eine schlimme, die schlimmste Frau in meinem Leben. Interessierte sich nur für Geld. Geld ist alles für diese Frau. Ich wollte eine Familie aufbauen. Aber ich war dumm. Im Dezember 2019 haben wir gestritten und sie hat die Polizei angerufen. Als die Polizei ins Haus kam hat sie gelogen und geweint und gesagt, dass ich sie geschlagen hätte. Gott

sei Dank kann ich Deutsch sprechen und ich habe mich verteidigt. Einer der Polizisten war ein großes Arschloch und ein Nazi. Ich habe gesagt: „Ja, was willst du, ich verlasse jetzt ihr Scheiß Haus, das ist eine gute Chance zum Schlussmachen.“ Er hat geglaubt, dass ich weine, damit ich bei ihr bleiben kann. Schwein. Dann habe ich ein Papier unterschrieben, dass ich nicht mehr ins Haus komme und solche Sachen. Ich habe meine Sachen eingepackt. Dann bin ich zu meinem Freund gegangen und eine Woche dort geblieben.

Dann bin ich in eine Scheiß Wohnung umgezogen. Plötzlich wollte der Vermieter eine Versicherung für die Wohnung, ich sollte jeden Monat 50 Euro bezahlen. Er hatte Angst, weil ich Ausländer bin, dass ich etwas kaputt mache. Er ist auch ein Schwein, ich hatte schon Kaution bezahlt, das ist genug! Warum Kaution plus Versicherung? Die Wohnung hatte keine Küche, stellt dir das vor, nur Bad, Zimmer und ein Bett. Für was soll ich Versicherung bezahlen!!!  Ich hab gesagt: „Ich brauche die Wohnung nicht mehr, gib mir meine Kaution und ciao!“ Dann habe ich wieder meine Sachen eingepackt  und bin wieder zu meinem Freund zurück.

Ich habe mal in einer Gruppe gepostet, dass ich Arbeit suche. Und Andreas, mein Chef, hat mir geschrieben, ob ich im McDonald’s arbeiten möchte. Ich hab gesagt: „Jaaaaaaaaaaa, bitte, sofort!“    Dann habe ich gearbeitet, aber noch immer ohne Meldezettel . Ich war immer noch bei meinem Freund, doch dann habe ich eine Traumwohnung gefunden. Dann habe ich wieder meine Sachen eingepackt  . Später habe ich einen B1 Deutschkurs gemacht. Dann habe ich die Aufenthaltskarte bekommen. Das war mein großer Traum! Und ich habe mich von dem Scheiß BFA abgemeldet. Und ich bin jetzt der glücklichste Mann in Österreich !

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