Nachtrag 03/01/16 10:00 …Bericht von Matthias Aufinger 5.1.2016
Erneut ging für uns eine Nachtschicht in Eftalou, nahe Molyvos, zu Ende.
Es kamen keine Boote in unserem Abschnitt an.. glücklicherweise oder unglücklicherweise ? .. auf diese Frage weiß ich nach wie vor keine Antwort.
Der Abend begann einer Einweisung auf die „Rampe“ für das Team. Die Rampe ist eine von Volunteers selbstkonstruierte adaptive Rampe um Menschen trocken & sicher vom Boot auf den Strand zu bringen. (ähnlich wie eine Flugzeug-Notrutsche…)
Nach der anschließenden Einsatzbesprechung fuhr ich mit einem Croatian Volunteer zu einem naheliegenden Spähposten (diese sind auf Hügeln über die ganze Küste verteilt, beobachten das Meer und melden herannahende Boote).
Wie schon so oft diese Tage ist die Situation äußert surreal…. man steht bei sternenklarem Himmel auf einem Hügel, blickt auf das ruhige Meer und sieht in der Ferne die spärlich beleuchtete Küste der Türkei. Ein unglaublicher Ausblick .. und doch weiß man genau, dass in dieser trügerischen Stille gerade hunderte Menschen auf überladenen Booten sitzen und durch die dunkle Nacht fahren .. um ihr Leben bangend aber zugleich hoffnungsvoll auf ein friedvolles Leben..
Am 2.Jänner kamen 29 Boote auf Lesbos (bis 8pm) und 30 Boote auf Chios (bis 5pm) an.
Aufgrund des vorangegangenen Sturms & dem kurz darauffolgenden Unwetters wurde von den Schleppern das kurze Zeitfenster genutzt um möglichst viele Boote loszuschicken. Einige wurden leider von der türkischen Küstenwache (auch in griech. Hoheitsgewässer) abgefangen und die Schutzsuchenden inhaftiert.
So auch das Boot einer Familie, dessen Vater bereits bei uns in Österreich ist und uns gebeten hat, uns bei ihrer Ankunft um sie zu kümmern. Die letzten GPS Koordinaten, die wir bekommen haben, waren leider aus Çesme, Türkei.
Auch in dieser Nacht und dem darauffolgenden Morgen kamen wieder zahlreiche Boote an!
Trauriger Höhepunkt: Am Samstag, dem 2.Jänner ertrank Kalid, ein 2-jähriger syrischer Bub, als sein Boot mit den scharfen Felsen von Nera kollidierte. Die Überlebenden erzählten, dass sie seit 5 h auf dem Meer unterwegs waren, entdeckt wurden sie um 07:30 a.m.
Er war das erste Todesopfer im Jahr 2016!
.. und immer wieder die gleiche Frage … muss das wirklich sein?