Nicola Baloch, 4.10.2020
Hussean ist angekommen; allerdings in Kanada und nicht in Österreich.
2015 floh er mit seiner Frau und drei Kindern aus dem Krieg in Syrien in die Türkei, um seine Familie dort in Sicherheit zu bringen. Daraufhin trat er die gefährliche Überfahrt in einem Schlauchboot nach Griechenland an und ging von dort zu Fuß über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich.
Einen Monat war er unterwegs bis er in Graz ankam, seinen Asylantrag stellte und umgehend seine Hilfe als Volontär anbot. Er traf Dgamila, die ihn ins Spendenlager des Graz:Spendenkonvoi brachte, wo er sich sofort einbrachte und uns Mitglieder der Hilfsorganisation kennenlernte. Hussean übernahm die Leitung des Lagers zunächst in den Räumlichkeiten der Caritas in der Keplerstraße und danach in der Pfarre St. Leonhard und half mit, wo er nur konnte. Er war unersetzlich in der Lagerlogistik, im Vorbereiten aller internationalen Hilfs-Konvois und in der Begleitung der lokalen und regionalen Hilfsaktionen.
Sein Motto war „I am ready“, und so engagierte er sich in der Flüchtlingshilfe in Graz , der ganzen Steiermark, an der Grenze in Spielfeld bis nach Thessaloniki. Weitere leistete er stets ehrenamtlich Nachbarschaftshilfe, pflegte Gärten und vor allem Freundschaften, denn seine eigentliche Stärke ist sein großes Herz. So wuchs sein Netzwerk mit jedem Menschen, der/ die ihn kennenlernen durfte und umfasste letztendlich rund 1000 Menschen.
Als Hussean seinen positiven Asylbescheid erhielt, machte er den Staplerschein sowie Führerschein und arbeitete zunächst als Paketzusteller und dann für die Firma Saubermacher in einem Zulieferlager für Magna in Ilz. Sein Bemühen seine Familie im Rahmen der Familienzusammenführung nach Österreich zu bringen, war leider erfolglos, da sein ältester Sohn inzwischen bereits 18 Jahre alt geworden war und nach den österreichischen bürokratischen Bestimmungen nicht mehr einreisen durfte. So bewarb sich die Familie für ein kanadisches Hilfsprogramm und durfte samt volljährigen Sohn aus der Türkei nach Kanada ausreisen.
Hussean folgte ihnen wenig später nach und lebt heute wieder vereint mit seiner Familie in einer kleinen Gemeinde bei Toronto. Er ist zufrieden, weil seine Kinder in Kanada im Gegensatz zur Türkei die Chance auf Bildung haben. Sein ältester Sohn gewann ein Stipendium und studiert mittlerweile IT- Engineering, seine Tochter studiert Pharmazie und der jüngste besucht noch das Gymnasium. Seine Frau und Hussean arbeiten beide, er in der Produktion bei Toyota und sie in der Lebensmittelbranche und werden bald ein Eigenheim für die Familie kaufen können.
Trotz dieser Erfolgsstory vermisst Hussean im Herzen Österreich als seine zweite Heimat. Er bedankt sich für die freundliche Aufnahme und die Hilfe der vielen Menschen und möchte hier namentlich Familie Do Bauer, Christiane Mitterhammer, (seine) Familie Baloch, Pfarrer Schrei und Pfarrer Rosenberger sowie Wolfgang Feigl, Dgamila Kircher und mit ihnen alle Mitglieder des Graz: Spendenkonvois nennen. Bald kann Hussean um die kanadische Staatsbürgerschaft ansuchen.
Ein Gewinn für Kanada und gleichzeitig ein großer Verlust für Österreich. Wir wünschen Hussean und seiner Familie alles erdenklich Gute für ihr Leben in Kanada! Die vielen Freundschaften zwischen Graz und Toronto bleiben jedenfalls bestehen.