Richard Hummelbrunner, 7.12.2020
A. kommt aus Afghanistan und ist 28 Jahre alt. Er hatte eine schwere Kindheit. Der Vater ist früh verstorben, daher musste A. von klein auf in der elterlichen Landwirtschaft arbeiten. Für eine Ausbildung war da keine Zeit und so ging sich nur die 4-klassige Volksschule für ihn aus. Als Jugendlicher hat er dann am Bau geschuftet und mit dem ersparten Geld begann er, sich in Kabul selbständig zu machen. Doch die Taliban setzten ihm immer mehr zu, verlangten Schutzgeld und bedrohten ihn. Daher entschloss er sich schweren Herzens, seine Heimat zu verlassen.
Die Flucht begann 2012 und dauerte viele Monate – voller Widrigkeiten, Ängste, Verfolgung und Misshandlungen. Aber A. war Härte und Entbehrungen von klein auf gewöhnt und schlug sich tapfer durch, auch wenn er manchmal am Verzweifeln war. Erschöpft kam er in Österreich an und beschloss, hier um Asyl anzusuchen. Doch die erste Zeit war auch hier sehr hart. Er verbrachte das erste Jahr in einem völlig isolierten Asylquartier am Land (Steinhaus am Semmering), ohne Außenkontakte und die Möglichkeit Deutsch zu lernen. Daher war er sehr froh, als ihm die Übersiedlung nach Graz gelang.
Hier erhielt A. auch endlich seinen Aufenthaltstitel (subsidiärer Schutz) und begann, intensiv Deutsch zu lernen. Wegen seiner guten Fortschritte war es ihm bald möglich, einen Platz in der Externen Hauptschule bei ISOP zu bekommen. Daneben jobbte er bei McDonalds, um finanziell über die Runden zu kommen. Er schloss die Schule mit gutem Erfolg ab, sein Lehrer war von seinen Fähigkeiten beeindruckt und hat ihn ermuntert, eine Berufsausbildung zu machen.
Dieser Lehrer hat auch den Kontakt zu einer diesbezüglich erfahrenen und engagierten Frau hergestellt, die ihm half, eine für ihn passende Lehrstelle zu finden. 2016 begann er eine Mechatronik-Lehre bei einem Automobilzulieferbetrieb in der Obersteiermark. Seine Unterstützerin hat auch eine Spendenaktion initiiert, denn nur von der Lehrlingsentschädigung hätte er in der ersten Zeit die Wohn-, Fahrt- und Essenskosten nicht tragen können. In seiner Wohngemeinde hat er sich auch sozial engagiert, er arbeitete ehrenamtlich als Flüchtlingsbetreuer und wurde geprüfter Feuermann. Seine Berufsschule war in der Südsteiermark, die Wochenenden, an denen das Internat geschlossen war, konnte er bei seiner ‚Gastfamilie’ in Graz verbringen und in Ruhe lernen. Dadurch bekam er auch Familienanschluss, emotionalen Halt und ein Stück Normalität, nach der er sich so lange gesehnt hatte.
In der Berufsschule war A. von Anfang an extrem fleißig und hat alle Klassen mit Auszeichnung absolviert. Im 3. Lehrjahr stand jedoch seine weitere Zukunft in Österreich auf des Messers Schneide, denn sein subsidiärer Schutz wurde erst im allerletzten Abdruck verlängert – nach einem halben Jahr des Wartens und Zitterns. Sein Abschlussjahr fiel leider in die Zeit der Pandemie, so musste er die meiste Zeit zuhause allein lernen. Doch er hat auch diese Herausforderung bravourös gemeistert und sogar lauter ‚Sehr Gut’ bekommen. Die LAP schloss er im August 2020 mit Auszeichnung ab – als einer von insgesamt drei Lehrlingen in der Steiermark und noch dazu in einem der schwierigsten Lehrberufe überhaupt (Mechatronik und Automatisierungstechnik mit Modul Robotik)!
Sein Lehrbetrieb hat diese hervorragende Leistung gewürdigt und ihn gleich als Facharbeiter übernommen. A. hat mittlerweile auch um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht und vor kurzem einen positiven Bescheid bekommen. Allerdings muss er vorher die afghanische Staatsbürgerschaft zurücklegen, was ohne entsprechende Dokumente fast unmöglich ist. Aber er ist zuversichtlich, auch diese Hürde zu meistern. A. ist besonders stolz darauf, dass er diesen langen und beschwerlichen Weg zu einer erfolgreichen Integration geschafft hat, ohne je Mindestsicherung zu beziehen. Er wollte es immer aus eigener Kraft schaffen – auch um damit Österreich seine Dankbarkeit zu zeigen.
Großartige Leistung, ich wünsche dem jungen Mann viel Freude iin Österreich
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